Zusammenfassung des Urteils AVI 2016/83: Versicherungsgericht
A. meldete sich am 26. Juni 2014 arbeitslos und beantragte Arbeitslosenentschädigung. Sein letztes Arbeitsverhältnis bei der B. GmbH endete aufgrund eines Konkurses. Die Arbeitslosenkasse des Kantons St. Gallen anerkannte einen versicherten Verdienst von Fr. 9'500.- und zahlte entsprechende Taggelder aus. Nach einer internen Kontrolle wurde der versicherte Verdienst auf Fr. 5'328.- herabgesetzt, was zu einer Rückforderung von Fr. 58'641.25 führte. A. widersprach und beantragte die Aufhebung der Verfügung. Die Arbeitslosenkasse wies den Einspruch ab, worauf A. Beschwerde einreichte. Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen, der versicherte Verdienst auf Fr. 7'212.- festgesetzt und die Sache zur Neuberechnung an die Arbeitslosenkasse zurückgewiesen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | AVI 2016/83 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | AVI - Arbeitslosenversicherung |
Datum: | 14.02.2018 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 23 Abs. 1 AVIG, Art. 37 Abs. 3 AVIV, Art. 25 Abs. 1 ATSG. Versicherter Verdienst, Bemessungszeitraum, Rückerstattung von Taggeldleistungen. Liegt eine arbeitgeberähnliche Stellung vor, kann der versicherte Verdienst nicht allein anhand der Angaben in der Arbeitgeberbescheinigung oder in den Lohnabrechnungen bestimmt werden. Vorliegend kann auf die Daten aus dem AHV-Schadenersatzverfahren im Konkurs der Arbeitgeberin abgestellt werden (E. 3.2 f.). Auf Grund dieser Daten ist auch der Bemessungszeitraum neu zu bestimmen (E. 3.1) (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. Februar 2018, AVI 2016/83). |
Schlagwörter: | Verdienst; Einkommen; Rückforderung; Konkurs; Arbeitslosenkasse; Beschwerdeführers; Bemessung; Lohnfluss; Bemessungszeitraum; Revision; Entscheid; Steueramt; Leistung; Ausgleichskasse; Einsprache; Berechnung; Höhe; Beitragsmonate; Parteien; Arbeitsverhältnis; Anmeldung; Verfügungen; Zahlungen; Gesellschaft; Anlass; Schadenersatzverfahren |
Rechtsnorm: | Art. 23 AVIG;Art. 25 ATSG ;Art. 31 AVIG;Art. 47 AHVG ;Art. 51 AVIG;Art. 53 ATSG ;Art. 67 VwVG ; |
Referenz BGE: | 110 V 304; 129 V 110; 131 V 447; 131 V 450; |
Kommentar: | -, ATSG- 3. Aufl., Art. 53 ATSG, 2016 |
Besetzung
Präsidentin Marie Löhrer, Versicherungsrichterinnen Michaela Machleidt Lehmann und Marie-Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiber
Jürg Schutzbach Geschäftsnr.
AVI 2016/83
Parteien
,
Beschwerdeführer,
gegen
Kantonale Arbeitslosenkasse, Geltenwilen-strasse 16/18, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand
versicherter Verdienst und Rückerstattung von Taggeldern Sachverhalt
A.
A. meldete sich am 26. Juni 2014 beim RAV zur Arbeitsvermittlung an und beantragte Arbeitslosenentschädigung ab dem 1. Juli 2014 (act. G 3.1/129 und 134). Das letzte Arbeitsverhältnis bei der B. GmbH, bei welcher seine (damalige) Ehefrau Gesellschafterin und Geschäftsführerin war, dauerte vom 1. März 2007 bis zum 30. März 2014 und wurde infolge Konkurses der Firma aufgelöst. Aus dem Arbeitsvertrag vom 1. März 2007, wonach der Versicherte (ebenfalls) als Geschäftsführer angestellt worden war, aus den Lohnabrechnungen sowie aus der Arbeitgeberbescheinigung vom
29. März 2014 ergab sich ein Monatslohn von brutto Fr. 9'500.-- (act. G 3.1/133 - 138). In der Folge anerkannte die Arbeitslosenkasse des Kantons St. Gallen einen versicherten Verdienst von Fr. 9'500.-- und richtete im Zeitraum vom 1. Juli 2014 bis zum 31. Mai 2016 entsprechende Taggelder aus.
Am 14. Juni 2016 teilte die kantonale Arbeitslosenkasse dem Versicherten mit, auf Grund einer internen Kontrolle sei festgestellt worden, dass bei der Anmeldung der Lohnfluss nicht geprüft worden sei, weshalb er Kopien der Bank- Postcheckkontoauszüge, die Steuerunterlagen sowie einen IK-Auszug einzureichen habe (act. G 3.1/62). Am 29. Juni 2016 teilte der Versicherte der Arbeitslosenkasse mit, er habe bis zum Datum ihrer Intervention weder über ein Bank- noch über ein Postkonto verfügt. Sämtliche Gelder, die er von der Arbeitgeberin erhalten habe, seien
cash ausbezahlt worden, was er der Firma quittiert habe. Diese sei jedoch vor zwei Jahren in Konkurs gefallen, weshalb die Daten wohl nicht mehr erhältlich seien (act. G 3.1/57). Weiter legte er die Veranlagungsverfügung des Steueramtes C. für 2013 bei, woraus sich ein steuerbares Einkommen von Fr. 86'700.-- ergab (act. G 3.1/56). Am 18. Juli 2016 reichte er zudem einen IK-Auszug der Ausgleichskasse Gewerbe ein (act. G 3.1/52). Mit Verfügungen vom 31. August 2016 setzte die Arbeitslosenkasse den versicherten Verdienst neu auf Fr. 5'328.-- fest und forderte dementsprechend zu viel ausgerichtete Taggeldleistungen im Umfang von Fr. 58'641.25 (netto) zurück. Sie begründete die Neuberechnung des versicherten Verdienstes damit, auf Grund einer Anfrage der Steuerbehörde erfahren zu haben, dass der Versicherte im Jahr 2013 lediglich Fr. 29'500.-- und vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2014 Fr. 28'000.-- von der
B. GmbH erhalten habe. Gestützt darauf sei der Lohnfluss überprüft und der versicherte Verdienst neu berechnet worden. Ausgehend von einem durchschnittlichen Nettolohn von Fr. 4'666.67 (Fr. 28'000.-- : 6) seien die Sozialversicherungsbeiträge von Fr. 441.-- sowie die BVG-Beiträge von Fr. 220.15 aufzurechnen, was ein Total von Fr. 5'328.-- ergebe (act. G 3.1/16 f.).
Mit dagegen erhobener Einsprache vom 29. September 2016 beantragte der Einsprecher, die angefochtenen Verfügungen seien aufzuheben und der versicherte Verdienst sei auf Fr. 9'500.-- zu belassen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Kasse auf das Monatseinkommen von Fr. 4'666.67 gekommen sei. Das Steueramt C. sei für das Jahr 2013 von einem steuerbaren Einkommen von Fr. 90'300.-- aus Zahlungen der B. GmbH ausgegangen, was einem Monatslohn von Fr. 7'525.-- entspreche. Die Revisionsstelle der Ausgleichskasse habe für 2013 ein Einkommen des Einsprechers bei der B. GmbH von Fr. 90'351.-- und für 2014 von Fr. 11'247.15 ermittelt. Unter diesen Umständen sei der versicherte Verdienst bei Fr. 9'500.-- zu belassen und auf die Rückforderung zu verzichten (act. G 3.1/13).
Mit Entscheid vom 2. Dezember 2016 wies die Arbeitslosenkasse die Einsprache ab. Im Steuerverfahren habe der Einsprecher für 2013 ein Einkommen von Fr. 29'500.-- geltend gemacht. Da kein höherer Lohnfluss belegt sei, gehe die Kantonale Arbeitslosenkasse bei der Berechnung des versicherten Verdienstes von den Steuererklärungen der Jahre 2013 und 2014 aus. Für den massgebenden Bemessungszeitraum während der letzten sechs Monate vor der Anmeldung mache
der Einsprecher ein Einkommen in Höhe von Fr. 28'000.-- geltend, was einem Nettomonatslohn von Fr. 4'666.67 entspreche. Aufgerechnet auf das Bruttoeinkommen ergebe sich damit ein versicherter Verdienst von Fr. 5'328.-- (act. G 3.1/2).
B.
Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 28. Dezember 2016 mit dem Antrag, der angefochtene Einspracheentscheid sei aufzuheben und der versicherte Verdienst sei auf Fr. 9'500.-- festzusetzen. Demzufolge sei auch die Rückforderung von Fr. 58'641.25 aufzuheben. Der Beschwerdeführer sei bei der B. GmbH als Geschäftsführer mit einem Bruttolohn von Fr. 9'500.-- bzw. einem Nettolohn von Fr. 8'066.10 angestellt und auf dieser Basis bei der Arbeitslosenkasse gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit versichert gewesen. 2013 hätten sich die finanziellen Verhältnisse der B. GmbH verschlechtert, was unter anderem zur Folge gehabt habe, dass die Gesellschaft den Lohn des Beschwerdeführers 2013/2014 nicht in der vertraglich vereinbarten Höhe habe erbringen können und dieser teilweise offen geblieben sei. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2013 nur Fr. 29'500.-- und im ersten Quartal 2014 Fr. 28'000.-- von der B. GmbH erhalten. Am 26. März 2014 sei diese in Konkurs gefallen. Das Steueramt C. sei für 2013 von einem (Netto-)Einkommen des Beschwerdeführers bei der B. GmbH von Fr. 88'388.-- (richtig: Fr. 98'388.--; vgl. act. G 3.1, S. 114 f.) ausgegangen. Massgebend für die Bemessung der Arbeitslosenentschädigung sei in der Regel der arbeitsvertraglich festgelegte Lohn, soweit dieser innerhalb des Bemessungszeitraums auch tatsächlich realisiert worden sei. Liege der fehlende Lohnfluss dagegen in einem Insolvenzentschädigungsereignis - z.B. Konkurs des Arbeitgebers - gelte die Zeit der offenen Lohnforderungen als Beitragszeit, was auch gelte, wenn der Lohnfluss nur teilweise erfolgt sei. Da der arbeitsvertragliche Lohn des Beschwerdeführers Fr.
9'500.-- betragen habe und der fehlende Lohnfluss auf den Konkurs der Arbeitgeberin zurückzuführen sei, betrage der versicherte Verdienst Fr. 9'500.-- (act. G 1).
Mit Beschwerdeantwort vom 27. Januar 2017 beantragt die Verwaltung Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer habe gegenüber der Steuerbehörde Einkünfte aus unselbstständigem Haupterwerb in Höhe von Fr.
29'500.-- deklariert. In der vorliegenden Beschwerde räume er auch selber ein, dass er
im Jahr 2013 Lohnzahlungen in Höhe von Fr. 29'500.-- erhalten habe. Aus dem prozessorientierten Beratungsprotokoll des RAV sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer noch bis Ende Juni 2014 den Lohn erhalten habe und daher per 1. Juli 2014 Antrag auf Arbeitslosenentschädigung gestellt habe. Da der Durchschnittslohn der letzten sechs Beitragsmonate höher gewesen sei als derjenige der letzten zwölf Beitragsmonate, stelle die Arbeitslosenkasse auf den Zeitraum von Januar bis Juni 2014 ab (Fr. 28'000.-- : 6 = Fr. 4'666.67). Dieses Betreffnis sei noch auf einen Bruttolohn von Fr. 5'328.-- hochzurechnen (act. G 3).
Nach Abschluss des Schriftenwechsels reicht der nun nicht mehr vertretene Beschwerdeführer am 21. April 2017 eine weitere Eingabe ein. Die Beschwerdegegnerin sei auf Grund der Angaben des Steueramtes C. von völlig falschen Zahlen ausgegangen. Die Abrechnungen seien nun zu korrigieren und ihm die restlichen zwei Monate auszuzahlen. Es könne nicht sein, dass ihm die Steuerbehörde ein Einkommen von rund Fr. 110'000.-- anrechne, während die Arbeitslosenkasse lediglich von einem solchen von rund Fr. 30'000.-- ausgehe (act. G 8).
Erwägungen
1.
Als versicherter Verdienst nach Art. 23 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0) gilt der im Sinn der AHV-Gesetzgebung massgebende Lohn, der während eines Bemessungszeitraums aus einem mehreren Arbeitsverhältnissen normalerweise erzielt wurde; eingeschlossen sind die vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen darstellen. Aus dieser gesetzlichen Umschreibung ergibt sich, dass der versicherte Verdienst an den massgebenden Lohn im Sinn von Art. 5 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10) anknüpft. Bei der Ermittlung des versicherten Verdiensts gemäss Art. 23 Abs. 1 AVIG ist der tatsächlich bezogene Lohn massgebend; eine davon abweichende Lohnabrede zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden hat grundsätzlich unbeachtlich zu bleiben (BGE 131 V 450 f. E. 3.2.1 mit Hinweisen). Für den Nachweis der Lohnbezüge trägt die versicherte Person die
Beweislast. Sie hat darzutun, welchen Lohn sie erhalten hat. Als Beweis für den tatsächlichen Lohnfluss genügen Belege über entsprechende Zahlungen auf ein Post- Bankkonto der versicherten Person. Bei behaupteter Barzahlung fallen Lohnquittungen und Auskünfte von ehemaligen Mitarbeitenden in Betracht. Arbeitgeberbescheinigungen, unterzeichnete Lohnabrechnungen und Steuererklärungen sowie Eintragungen im individuellen Konto bilden blosse Indizien für tatsächliche Lohnzahlungen (BGE 131 V 447 E. 1.2 mit Hinweisen).
Der versicherte Verdienst bemisst sich nach dem Durchschnittslohn der letzten sechs Beitragsmonate (Art. 11 AVIV) vor Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug. Er bemisst sich nach dem Durchschnittslohn der letzten zwölf Beitragsmonate vor Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug, wenn dieser Durchschnittslohn höher ist als derjenige nach Absatz 1. Der Bemessungszeitraum beginnt, unabhängig vom Zeitpunkt der Anmeldung zum Taggeldbezug, am Tag vor dem Eintritt eines anrechenbaren Verdienstausfalls. Voraussetzung ist, dass vor diesem Tag mindestens zwölf Beitragsmonate innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit liegen (Art. 37 Abs. 1 bis 3 der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [AVIV; SR 837.02]).
Unrechtmässig bezogene Leistungen sind zurückzuerstatten. Der Rückforderungsanspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung (Art. 25 Abs. 1 und 2 ATSG). Mit Bezug auf den Beginn der einjährigen relativen Verwirkungsfrist ist nicht die tatsächliche, sondern die zumutbare Kenntnis des zur Rückforderung Anlass gebenden Sachverhalts massgebend, wobei das Eidgenössische Versicherungsgericht im Zusammenhang mit aArt. 47 Abs. 2 AHVG nicht das erstmalige unrichtige Handeln der Verwaltung als fristauslösend hat genügen lassen. Vielmehr stellte es auf jenen Tag ab, an dem sich die Amtsstelle später - beispielsweise anlässlich einer Rechnungskontrolle
unter Anwendung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit über ihren Fehler hätte Rechenschaft geben müssen (BGE 110 V 304 E. 2b in fine S. 306; 124 V 380 E. 1 S. 383; SVR 2002 IV Nr. 2 S. 5, I 678/00 E. 3b). Dieser Grundsatz, wonach nicht der ursprüngliche Irrtum, sondern erst ein "zweiter Anlass" die relative einjährige Verwirkungsfrist auslöst, wurde in der Folge verschiedentlich bestätigt (Urteil
8C_824/2007 vom 15. Mai 2008), und ist auch in Anwendung von Art. 25 Abs. 2 ATSG zu beachten (Urteil des Bundesgerichts 9C_482/2009 vom 19. Februar 2010 E. 3.3.2).
2.
Die in Revision gezogenen Verfügungen ergingen im Zeitraum zwischen dem 28. Juli 2014 und dem 1. Juni 2016 (act. G 3.1/64 - 126). Die Rückforderungsverfügung datiert vom 31. August 2016 (act. G 3.1/16). Mithin waren zu diesem Zeitpunkt sämtliche Taggeldabrechnungen (für die Beschwerdegegnerin) bereits formell rechtskräftig geworden, tritt doch die Rechtsbeständigkeit für die Verwaltung auch bei formlosen Abrechnungen nach Ablauf einer Zeitspanne ein, welche der Rechtsmittelfrist bei formellen Verfügungen entspricht (30 Tage [BGE 129 V 110; vgl. auch Kreisschreiben über Rückforderung, Verrechnung, Erlass und Inkasso [AVIG-Praxis RVEI], Rz A3 ff.]). Die Beschwerdegegnerin bedurfte somit für das Zurückkommen auf die Taggeldabrechnungen eines Rückkommenstitels. Gemäss Art. 53 Abs. 1 ATSG müssen formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem es nicht nur um die Frage der Berechnungsweise des versicherten Verdienstes geht (was allenfalls nur eine Frage der rechtlichen Beurteilung darstellen würde) sondern v.a. um den effektiv vom Beschwerdeführer bei der B. GmbH erzielten Verdienst, was eine Tatsachenfrage darstellt. Für die Einleitung der Revision ist eine 90-tägige Frist zu beachten (Art. 67 Abs. 1 VwVG), die auch für die Rückforderung von unrechtmässig bezogenen Leistungen gilt (UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl., Rz 38 zu Art. 53). Nachdem die Beschwerdegegnerin den Revisionsgrund anlässlich der Anfrage des Steueramtes C. vom 8. Juni 2016 bzw. auf Grund einer (wohl damit zusammenhängenden) internen Kontrolle entdeckt und am 14. Juni 2016 neue Abklärungen beim Beschwerdeführer eingeleitet hat (vgl. act. G 3.1/62 und 63), ist die Einleitung der Revision rechtzeitig erfolgt. Im Weiteren war die Rückforderung zum Zeitpunkt der Rückforderungsverfügung vom 31. August 2016 noch nicht verwirkt. So hat es die Beschwerdegegnerin bei der ursprünglichen Leistungszusprache zwar fälschlicherweise unterlassen, den Lohnfluss abzuklären, was auf Grund der arbeitgeberähnlichen Stellung des Beschwerdeführers geboten gewesen wäre (vgl.
nachfolgende Erwägung 3.3 [1. Anlass [Fehler]]). Die Anfrage des Steueramtes vom 8. Juni 2016 (bzw. die interne Kontrolle vom 14. Juni 2016) stellte sodann den Anlass dar, bei welchem die Beschwerdegegnerin den Fehler bemerken musste und auch tatsächlich bemerkt hat (2. Anlass). Indem sie bereits am 31. August 2016 die Rückforderung der zu viel ausgerichteten Taggeldleistungen verfügte, hat sie die einjährige Verwirkungsfrist gemäss Art. 25 Abs. 2 ATSG eingehalten. Im Weiteren war noch keine Taggeldauszahlung älter als fünf Jahre, nachdem die erste Auszahlung mit Abrechnung vom 28. Juli 2014 erfolgt war. Damit sind auch die absoluten fünfjährigen Verwirkungsfristen der einzelnen Leistungen gemäss dieser Bestimmung eingehalten.
3.
Vorliegend ist zunächst der Bemessungszeitraum für die Berechnung des versicherten Verdienstes festzulegen. Diesbezüglich kann nicht auf die widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers abgestellt werden. So gab er im Erstgespräch beim RAV an, er habe den Lohn bis Ende der Kündigungsfrist (Ende Juni 2014) erhalten, weshalb er erst per 1. Juli 2014 Antrag stelle (act. G 3.1/128). In seiner Anmeldung vom 29. Juni 2014 gab er jedoch an, das Arbeitsverhältnis habe bis 30. März 2014 gedauert, welches Datum auch der letzte Arbeitstag gewesen sei (act. G 3.1/134). Auch die Arbeitgeberin geht von einer Dauer des Arbeitsverhältnisses vom 1. März 2007 bis zum 30. März 2014 aus, bis zu welchem Datum auch der Lohn bezahlt worden sei (act. G 3.1/137). Für die Frage des Bemessungszeitraums für den versicherten Verdienst ist entscheidend, dass dieser, unabhängig vom Zeitpunkt der Anmeldung, am Tag vor dem Eintritt eines anrechenbaren Verdienstausfalls beginnt (bzw. eigentlich endet [Art. 37 Abs. 3 AVIV]). Zu Gunsten des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass er ab dem 1. März 2014 kein Einkommen bei der B. GmbH mehr erzielt hat. So wurde am 26. März 2014 der Konkurs über die Gesellschaft eröffnet und bereits am 7. April 2014 mangels Aktiven wieder eingestellt (online- Handelsregisterauszug). Es ist somit nicht anzunehmen, dass es viel zu liquidieren gab dass der Beschwerdeführer nach der Konkurseröffnung sonst noch für die Gesellschaft gearbeitet haben könnte. Ausserdem war der im Jahr 2014 bei der B. GmbH erzielte Lohn erheblich geringer als der vom Beschwerdeführer in der Steuererklärung deklarierte und von der Beschwerdegegnerin verwendete Betrag von Fr. 28'000.-- (vgl. nachfolgende Erwägung 2.2), sodass auch unter diesem Blickwinkel
nicht davon auszugehen ist, der Beschwerdeführer habe über die Konkurseröffnung hinaus Lohn bezogen. Gestützt auf die Unterlagen der Revisionsstelle der Ausgleichskassen vom 26. Mai 2014 ging das hiesige Gericht im Schadenersatzverfahren betreffend entgangene Sozialversicherungsbeiträge im Konkurs der B. GmbH (AHV 2015/15) davon aus, dass der Beschwerdeführer noch für die Monate Januar und Februar 2014 Lohn erzielt hat (vgl. act. G 3.1/13 S. 120 und 133). Es rechtfertigt sich somit auch im vorliegenden Zusammenhang, von einem anrechenbaren Verdienstausfall im Sinn von Art. 37 Abs. 3 AVIV ab dem 1. März 2014 auszugehen. Nachdem vor diesem Datum zudem mindestens zwölf Beitragsmonate innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit liegen, dauert der Bemessungszeitraum für den versicherten Verdienst demnach vom 1. September 2013 bis zum 28. Februar 2014 (6 Monate) bzw. vom 1. März 2013 bis zum 28. Februar 2014 (12 Monate).
Umstritten ist weiter, welchen Verdienst der Beschwerdeführer in dieser Zeitspanne erzielt hat. So geht die Beschwerdegegnerin revisionsweise von einem versicherten Verdienst von Fr. 5'328.-- aus, welcher auf dem vom Beschwerdeführer in seiner Steuererklärung für das Jahr 2014 (Januar bis Juni) deklarierten Einkommen von Fr. 28'000.-- basiert. Dabei deklarierte der Beschwerdeführer dieses Einkommen allerdings als solches aus selbstständiger Erwerbstätigkeit, während er für 2014 kein Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit angab [act. G 1.2]). Gemäss den Abklärungen des hiesigen Versicherungsgerichts im bereits genannten Schadenersatzverfahren erzielte der Beschwerdeführer im Jahr 2014 während den Monaten Januar und Februar 2014 bei der B. GmbH noch ein Einkommen in der Höhe von insgesamt netto Fr. 10'544.20, das aufgerechnet ein Bruttoeinkommen von Fr. 11'247.15 ergab (Angaben der Revisionsstelle der Ausgleichskassen vom 26. Mai 2014 [vgl. act. G 3.1/13 S. 120 und 133]). Dieser Betrag wurde auch vom Bundesgericht mit Entscheid vom 8. August 2017 letztinstanzlich bestätigt (Entscheid 9C_165/2017 E. 4.2.1) und im IK eingetragen (act. G 3.1/52).
Für 2013 ergaben die Abklärungen des hiesigen Gerichts im
Schadenersatzverfahren AHV 2015/15 ein Einkommen von Fr. 84'704.45 (netto; Januar
Dezember), von welchem zunächst auch das Steueramt C. ausging (die spätere Korrektur erfolgte lediglich, weil es nunmehr auf die höheren Angaben des Beschwerdeführers gegenüber der Arbeitslosenversicherung abstellte [act. G 3.1/13 S.
114 und G 3.1/47]), bzw. von Fr. 90'351.40 (brutto [vgl. act. G 3.1/13 S. 120 und 131 f.; IK-Auszug act. G 3.1/52]). Nachdem diese Einkommen für die Jahre 2013 und 2014 im Schadenersatzverfahren AHV 2015/15 bereits rechtskräftig als massgebendes beitragspflichtiges Einkommen des Beschwerdeführers festgestellt worden sind, kann auch im vorliegenden Verfahren darauf abgestellt werden. Zudem erscheinen diese Einkommen im Vergleich zu den in den Jahren ab 2007 erzielten nicht als unterdurchschnittlich (vgl. nachfolgend). Dass der Beschwerdeführer in den fraglichen Jahren 2013 und 2014 bei der B. GmbH höhere Einkünfte erzielt hätte, ist demgegenüber nicht belegt, geht er doch selber davon aus, dass keine Belege für die (angeblich) erhaltenen Barzahlungen mehr vorhanden seien (act. G 3.1/57). Mithin trägt der Beschwerdeführer nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz die Folgen der Beweislosigkeit. Liegt bei einer versicherten Person - wie auch beim Beschwerdeführer als Ehegatte eines Mitglieds des obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums bzw. nach Arbeitsvertrag sogar selber Geschäftsführer - eine arbeitgeberähnliche Stellung vor (vgl. Art. 31 Abs. 3 AVIG, welcher Ausschluss rechtsprechungsgemäss auch für die Arbeitslosenentschädigung gilt), kann sodann nicht ohne Weiteres auf die Angaben in der Arbeitgeberbescheinigung in den Lohnabrechnungen abgestellt werden. Schliesslich ist auch nicht davon auszugehen, dass der vom Beschwerdeführer gegenüber dem Arbeitsvertrag und den Lohnabrechnungen erzielte Minderverdienst in einem Insolvenzentschädigungsereignis nach Art. 51 Abs. 1 AVIG begründet bzw. auf den bevorstehenden Konkurs zurückzuführen ist. Vielmehr ergibt sich aus den von der Ausgleichskasse Gewerbe im Schadenersatzverfahren AHV 2015/15 vorgelegten Unterlagen, dass der Verdienst des Beschwerdeführers während der gesamten Anstellung bei der B. GmbH nie den vertraglichen vereinbarten Betrag von brutto Fr. 9'500.-- (Jahreslohn Fr. 114'000.--) erreicht hatte und jeweils von Jahr zu Jahr stark schwankte. So deklarierte die Gesellschaft für 2007 für den Beschwerdeführer einen Jahreslohn von Fr. 78'000.-- (Januar bis Dezember, obwohl der Beginn des Arbeitsverhältnisses gemäss Arbeitsvertrag auf den 1. März 2007 festgelegt worden war [act. G 3.1/135]). Weiter deklarierte sie für den Beschwerdeführer (oder wurden von der Ausgleichskasse verbeitragt) Einkommen in Höhe von Fr. 84'500.-- (2008), Fr. 56'000.-- (2009), Fr. 33'512.-- (2010), Fr. 66'699.60 (2011) und Fr. 41'053.35 (2012 [act.
AHV 2015/15 G 3.1/1.7, 1.22, 1.36, 1.51, 1.69 und 1.80; vgl. auch IK-Auszug act. G
3.1/52]). Diese Löhne bildeten ebenfalls Bestandteil der inzwischen rechtskräftig gewordenen Schadenersatzberechnung im Konkurs der B. GmbH.
3.4 Die 6-Monats-Berechnung ergibt somit einen Betrag von Fr. 6'894.-- ([[Fr.
90'351.40 : 12 x 4] + Fr. 11'247.15] : 6), die 12-Monats-Berechnung einen solchen von
Fr. 7'212.-- ([[Fr. 90'351.40 : 12 x 10] + Fr. 11'247.15] : 12), was somit den versicherten Verdienst darstellt. Bei dieser Berechnung werden die in den Jahren 2013 und 2014 erhaltenen Zahlungen pro Jahr linear bzw. pro rata (also nicht anhand der effektiven Auszahlungsdaten [vgl. act. G 3.1/13 S. 131 - 133]) auf den Bemessungszeitraum angerechnet. Dieses Vorgehen erscheint auf Grund des Lohncharakters der Zahlungen
und da nicht erkennbar ist, welchen Zeitraum die Zahlungen jeweils genau umfassen - angezeigt, obwohl diese jeweils nicht als regelmässige Lohnzahlungen sondern als unregelmässige Abschlagszahlungen ("à Konto Lohn") ausbezahlt wurden (act. G 3.1/13 S. 131 - 133).
4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen und der angefochtene Einspracheentscheid aufzuheben. Der versicherte Verdienst ist sodann auf Fr. 7'212.-- festzusetzen. Dementsprechend ist die Sache zur Neuberechnung des Taggeldanspruchs und der daraus resultierenden Rückforderung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Hingegen hat die teilweise obsiegende beschwerdeführende Partei Anspruch auf teilweisen Ersatz der Parteikosten (Anwaltskosten). Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b der Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten (HonO; sGS 963.75) pauschal Fr. 1'000.-- bis Fr. 12'000.--. Bei vollständigem Obsiegen wäre dem Beschwerdeführer mit Blick auf die Bedeutung der Streitsache und den Aufwand, der von Seiten des Rechtsvertreters nur einen einfachen Schriftenwechsel umfasste, eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer)
zugesprochen worden. Wegen des nur teilweisen Obsiegens, das betragsmässig etwa einem hälftigen Obsiegen entspricht, erscheint eine Parteientschädigung von Fr. 1'250.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der versicherte Verdienst unter Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids vom 2. Dezember 2016 auf Fr. 7'212.-- festgesetzt.
2.
Die Streitsache wird zur Neuberechnung des Taggeldanspruchs und der daraus resultierenden Rückforderung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 1'250.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
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